Donnerstag, 14. Mai 2020:Textimpuls von Monsignore Bernhard Auel
In der heutigen Lesung aus der Apostelgeschichte (15,7-21) erleben wir die Diskussion bei der ersten Synode der jungen Kirche, dem so genannten Apostelkonzil. Was auf dieser ersten Synode geschah, kann für alle späteren als Modell gelten. Weder die Debatte noch autoritäre Entscheidungen führen zur Übereinstimmung, sondern allein Gottes Wort und Gottes Geist. Auf diesem Hintergrund dürfen wir auch den im Januar begonnenen synodalen Weg einordnen. Auseinandersetzung ja, vorurteilsfreie Diskussion der Gegensätze, dann aber Verständigung und Miteinander; Papst Franziskus betont immer wieder die Bedeutung der Synodalität. Wenn wir in der Liebe des Herrn bleiben, dann dürfen wir immer wieder vertrauen, dass Gottes Heiliger Geist bei seiner Kirche ist.
Das so genannte Apostelkonzil veranlasst mich, vor allem mit Worten unseres Papstes von der Synodalität zu sprechen. In einer Ansprache zum 50-jährigen der von Paul VI. eingeführten Bischofssynode sagte er: „Vom Anfang meines Dienstes als Bischof von Rom an hatte ich vor, die Synode aufzuwerten, die eines der kostbarsten Vermächtnisse der letzten Konzilssitzung ist.“ Und er betonte, man solle nicht immer erwarten, dass er schon eine Antwort wisse, zumal die Fragestellungen in der Welt oft genug ganz unterschiedlich seien und nicht überall die gleichen Antworten weiter führten. Die Kirchen sollten vor Ort als Ortskirchen ihre Fragen miteinander suchen. In seinem Vortrag führte er u. a. aus: „Was der Herr von uns verlangt, ist in gewisser Weise schon im Wort „Synode“ enthalten. Gemeinsam voranzugehen - Laien, Hirten und der Bischof von Rom -, ist ein Konzept, das sich leicht in Worte fassen lässt, aber nicht so leicht umzusetzen ist“. Und er zitiert sein Schreiben über die Freude des Evangeliums, wo es heißt: „Jeder Getaufte ist, unabhängig von seiner Funktion in der Kirche und dem Bildungsniveau seines Glaubens, aktiver Träger der Evangelisierung, und es wäre unangemessen, an einen Evangelisierungsplan zu denken, der von qualifizierten Mitarbeitern umgesetzt würde, wobei der Rest des gläubigen Volkes nur Empfänger ihres Handelns wäre“. Und so führt er konsequent aus: „Eine synodale Kirche ist eine Kirche des Zuhörens, in dem Bewusstsein, dass das Zuhören mehr ist als Hören. Es ist ein wechselseitiges Anhören, bei dem jeder etwas zu lernen hat: das gläubige Volk, das Bischofskollegium, der Bischof von Rom - jeder im Hinhören auf die anderen und alle im Hinhören auf den Heiligen Geist, den Geist der Wahrheit, um zu erkennen, was er den Kirchen sagt“.
Mir fällt da ein, was der heilige Bruder Klaus von der Flüe in der auch zu seinen Lebzeiten von Streit und unversöhnlichen Gegensätzen geprägten Kirche über den Gehorsam im Brief an die Berner schreibt: „Ihr müsst danach trachten, einander gehorsam zu sein“. Das Wort gehorsam ist zuerst zu verstehen von einander hören.
Und auch das gibt mir zu denken: wie wichtig richtiges Hören ist, betont in einem Buch der bekannte Musiker und Dirigent Daniel Barenboim; er schreibt: „Mithilfe der Musik kann man ungeheuer viel für das Leben lernen. … Die Fähigkeit, mehrere Stimmen auf einmal zu hören und zu begreifen, was jede einzelne von ihnen sagt, das Vermögen, sich an ein Thema zu erinnern, welches nach seinem ersten Auftreten einen langen Prozess der Umarbeitung durchlaufen hat und jetzt in einem ganz anderen Gewand wieder begegnet, … all das sind Fertigkeiten, die unseren Verstand und unser Verständnis von der Welt erweitern. Vielleicht würden die Menschen, wenn alle diese Fähigkeiten und Fertigkeiten zusammenkämen, dazu in der Lage sein, unterschiedlichen Meinungen zuzuhören und unterschiedliche Standpunkte zu begreifen. Vielleicht wären sie eher dazu fähig, ihren eigenen Platz, ihre Stellung in der Gesellschaft und in der Geschichte richtig einzuschätzen. Vielleicht wäre es ihnen dann auch eher möglich, die Gemeinsamkeiten, die zwischen allen Menschen bestehen, wahrzunehmen und nicht immer nur die Unterschiede zu sehen.“