Dienstag, 12. Mai 2020:Textimpuls von Monsignore Bernhard Auel
Die heutige Lesung aus der Apostelgeschichte (14,19-28) berichtet über die erste große Missionsreise des Paulus durch Kleinasien, nennt die Widerstände ebenso wie die Erfolge. Es entstehen Gemeinden, „in jeder Gemeinde bestellten sie durch Handauflegung Älteste und empfahlen sie mit Gebet und Fasten dem Herrn.“ Der Evangelist Lukas, der auch Verfasser der Apostelgeschichte ist, gibt uns einen verlässlichen Einblick in das Leben der ersten Christengemeinden und blendet dabei auch auftauchende Probleme nicht aus. Unmissverständlich, wenn Paulus und Barnabas bestätigen: „Durch viele Drangsale müssen wir in das Reich Gottes gelangen.“ Der Weg des Glaubens ist keine Wellness-Veranstaltung und auch keine Vergnügungstour. Gefragt ist Standhaftigkeit und Treue im Glauben, dazu braucht es Unterstützung und Begleitung. Die Antwort des Paulus und des Barnabas auf diese Herausforderung ist das Gewinnen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf diesem Weg, die Qualifizierung durch Gebet und Fasten. Denn das ist der einzig verlässliche Weg: sich dem Herrn anvertrauen. Was die Prioritäten der Pastoral sind, belegt der Hinweis auf den Bericht der beiden Apostel. Sie „berichten alles, was Gott mit ihnen zusammen getan“ hat. Gott handelt zuerst, nichts geht ohne Gott. Erinnern wir das Sprichwort vom Beginn unseres Gottesdienstes: „Mit Gott fang an, mit Gott hör auf, das ist der beste Lebenslauf“.
Was lernen wir daraus für uns heute? Vor zwanzig Jahren hat unsere Bischofskonferenz zu dieser Frage ein eigenes Dokument herausgegeben unter dem Titel „Zeit zur Aussaat - Missionarisch Kirche sein“. Beigefügt war ein Hirtenbrief des damaligen Bischofs von Erfurt Joachim Wanke. An Aktualität hat das, was er damals geschrieben hat, nichts verloren. Die Fragen sind geblieben. Wie müssen wir heute den Glauben verkünden? Was sind die Wege der Evangelisierung? Wie gehen wir mit Konflikten um und was bedeuten dabei notwendige Reformen? Die Worte vom pastoralen Zukunftsweg oder Synodalen Weg sind da anspruchsvolle Begriffe. Welche Konsequenzen hat dies für diese Wege?
Da lohnt es, zu lesen, was vor 20 Jahren Bischof Wanke geschrieben hat. Er begann mit einer Behauptung: „Unserer katholischen Kirche in Deutschland fehlt etwas. Es ist nicht das Geld. Es sind auch nicht die Gläubigen. Unserer katholischen Kirche in Deutschland fehlt die Überzeugung, neue Christen gewinnen zu können.“ Er stellte dann nüchtern fest: „Es ist eine Tatsache, dass religiöse Vorgaben, überhaupt gesellschaftliche Gepflogenheiten heute nicht mehr so fraglos übernommen werden wie in vergangenen Generationen. Darüber zu klagen ist wenig sinnvoll. Es ist einfach so, und wir beobachten solches Verhalten auch an uns selbst“.
Überzeugt, dass wir alle in der Sendung Jesu stehen, lässt uns fragen: Wie antworten wir darauf? Wanke fragt sich: „Was muss geschehen, damit die katholische Kirche in Deutschland wieder Mut fasst, ihren ureigensten Auftrag anzugehen. Die Kirche ist nicht um ihrer selbst willen da. Sie soll Gottes Wirklichkeit bezeugen und möglichst alle Menschen mit Jesus Christus, mit seinem Evangelium in Berührung bringen. Eine verdrossene und von Selbstzweifeln geplagte Kirche kann das freilich nicht; auch nicht eine Kirche, die sich vornehmlich mit sich selbst beschäftigt. Was ist zu tun?“
Seine Überzeugung: „Es warten Menschen auf unser Lebenszeugnis. Sie warten darauf zu erfahren, was Jesus Christus für uns im Alltag unseres Lebens bedeutet.“ Es gehe um die „Zuwendung zu den Menschen“ und er fragt: „Ist in dieser Zuwendung zu den Menschen nicht angelegt, was wir Mission und Evangelisierung nennen? Ich gebe zu: Diese Begriffe haben für manche Zeitgenossen, auch für manche Katholiken einen Unterton, der nach Belehrung, ja nach Indoktrination riecht. Wir sollten daher bei ihrem Gebrauch vorsichtig sein. Mission heißt für mich schlicht: Das weitersagen, was für mich selbst geistlicher Lebensreichtum geworden ist. Und Evangelisieren meint: Dies auf die Quelle zurückführen, die diesen Reichtum immer neu speist: auf das Evangelium, letztlich auf Jesus Christus selbst und meine Lebensgemeinschaft mit ihm. Nicht die Begriffe sind wichtig. Es geht um die gemeinte Sache.“
Es gibt – davon bin ich überzeugt – auch nach Corona genau um all das. Gott will auch mit uns handeln wie schon mit Paulus und Barnabas. Sieh die heutige Lesung.