Freitag, 05. Juni 2020:Tagesimpuls von Rita Wild
Wenn Sie den Psalm 104 lesen, weiß ich nicht, wie es Ihnen geht – aber diesen Psalm zu lesen, hört sich gut an:
In Psalm 104, der mit „Loblied auf den Schöpfer“ tituliert ist, geht um die Schöpfung, die Welt und Kosmos mit allem, was für die Menschen damals erfahrbar war: Himmel und Meer, die Gestirne, Berge und Täler, Tag und Nacht, Wasser als Regen, Bach oder Fluß, Tiere, Bäume und Pflanzen usw.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, wenn sie ihn lesen oder hören. Es ist so dargestellt, daß in der Schöpfung alles in Beziehung zu Gott steht und alles in einer wunderbaren Ordnung ist. Dieses über 2000 Jahre alte jüdische Gebet ist ein Loblied auf den Schöpfer – und offenbart gleichzeitig den oder die Menschen, die diese Schönheit und ihre Ordnung erkannt haben.
Mir geht es heute eher so – und da bin ich sicher nicht allein – daß, wenn ich auf die Welt schaue, mir eher auffällt, was nicht „in Ordnung“ ist. Da fallen mir eher Schäbigkeiten auf, da sehe ich eher Defizite, statt Schönheit und Pracht.
Interessant ist es, wenn ich in Urlaub bin oder wenn ich mir in den Exerzitien eine „Auszeit“ von ein paar Tagen oder einer Woche nehme: da wird der Blick sanfter, behutsamer, milder. Ich entdecke viel mehr Schönes, Wohltuendes, Beruhigendes. Und manchmal, dann offenbart sich in einem Augenblick, wie alles zusammenhängt: das Schreckliche und das Phantastische, das tief in allem Pulsierende und Belebende: ich nenne es „die heilige Geistkraft“. Und da gibt es viel zu entdecken!!
Die Freundinnen und Freunde Jesu haben dieses Lebendige entdeckt und einen neuen Blick geschenkt bekommen, als ihr toter Freund Jesus Christus wieder in ihrer Gemeinschaft erschien, zwar kurz und knapp, aber immer mal wieder und mit einer Kraft, die Wandel bewirkte:
aus ängstlichen, sich hinter verschlossenen Türen versammelten Personen Jünger und Jüngerinnen wurden mutige Verkünderinnen und Verkünder
Männer, die sich für den „rechten Glauben“ einsetzten, wurden bekehrt und zu Menschen, die langsam lernten auf einen Gott zu vertrauen, der den Weg schon weiß und ihnen behutsam weisen wird, Frauen, deren Rolle und Aufgabe dem häuslichen Dienstbereich zugeordnet war, wurden zu ersten Leiterinnen und damit Vorstand von Hauskirchen
Und so geht diese wandelnde Kraft weiter durch die Welt und die Zeitgeschichte – und da nenne ich nur wenige Personen, deren Leben bis heute Wirkung zeigt: Benedikt, Franziskus, Hildegard von Bingen, Theresa von Avila, Martin Luther, Edith Stein … - aber es sind ja nicht nur religiöse Menschen, die inspiriert von Gottes Geistkraft werden – dazu gehören auch Sie und ich und unsere Mitmenschen auf dieser Welt und alle Geschöpfe des Kosmos!
Rita Wild
Klinikseelsorgerin